Fluide Grenzen. Der radikale und der gemäßigte Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung zwischen Selbstverortungen, Abgrenzungen und Kooperationen

Mette Bartels

In ihrer Hochphase, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, separierte sich die bürgerliche Frauenbewegung in einen selbsternannten radikalen und einen gemäßigten Flügel, wobei die Radikalen von sich selbst behaupteten, innerhalb der Frauenfrage und dem Streben nach weiblicher Emanzipation fortschrittlichere Sicht- und Handlungsweisen zu vertreten und zu verfechten.

In meinem Vortrag soll es erstens darum gehen, die Begriffe „radikal“ und „gemäßigt“ in ihren Bedeutungszusammenhängen und in ihren Abgrenzungen zueinander semantisch zu analysieren. Was verstanden die frauenbewegten Akteurinnen unter beiden Begriffen? Welche Sinnzuschreibungen lagen den Begriffen zu Grunde?

Zweitens geht es darum, Denk- und Handlungsweisen der Radikalen näher zu beleuchten. Gab es ausgewiesene radikale bzw. gemäßigte Agitationsstrategien?

Drittens gilt es zu analysieren, wie trennscharf jene ideologischen Grenzziehungen zwischen beiden Flügeln tatsächlich gewesen sind und ob diese nicht doch fließender waren als dies von der Frauenbewegung selbst behauptet und von weiten Teilen der Forschung nahezu unhinterfragt bis in jüngste Zeit fortgeschrieben wurde.

Die Fluidität dieser Grenzen – so die These meines laufenden Promotionsprojektes – zeigte sich unter anderem in ähnlichen Agitationsstrategien im Kampf um neue Berufsfelder für bürgerliche Frauen. Hierbei vertraten sowohl die Radikalen als auch die Gemäßigten das Konzept der „Geistigen Mütterlichkeit“ und argumentierten mit einem geschlechterdifferenten Ansatz. Und auch praktisch arbeiteten beiden Flügel Hand in Hand. Am Beispiel der frauenbewegten Etablierung des Gärtnerinnenberufs werde ich diese Aspekte analysieren und meine These der „fluiden Grenzen“ überprüfen.

 

Mette Bartels (M.A.), Doktorandin am Lehrstuhl für Neuere Geschichte von Prof. Dr. Rebekka Habermas (Göttingen), erforscht in ihrer laufenden Dissertation Agitationswege der bürgerlichen Frauenbewegung bei der Schaffung und Etablierung (neuer) Berufsfelder für bürgerliche Frauen im deutschen Kaiserreich vor dem Hintergrund von Klassen- und Geschlechterdiskursen.

Hierbei soll ferner ein besonderes Augenmerk auf die vermeintlich differenten Flügelbildungen der Frauenbewegung gelegt werden, deren Grenzziehung scheinbar fließender war, als dies von der Frauenbewegung selbst postuliert und von weiten Teilen der Forschung unhinterfragt fortgeschrieben wurde.

seit 08/2019: Promotionsstipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung

10/2018 – 02/2019: Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Vertretung Dr. Richard Hölzl) am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen                                

seit 01/2018: Doktorandin am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen; Lehrstuhl Prof. Dr. Rebekka Habermas
Arbeitstitel: Geschlecht und Klasse als Agitationsstrategie. Die bürgerliche Frauenbewegung und ihr Kampf um (neue) Berufsfelder im deutschen Kaiserreich

10/2014 – 06/2017: Master-Studium Geschichte an der Georg-August-Universität Göttingen (Note: 1,2)

10/2014 – 09/2018: studentische, später wissenschaftliche Hilfskraft am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte der Universität Göttingen