ReThren - Ein Spiel zu Radikalität im 21. Jahrhundert

Miko Hucko

 

Unser eigenes Bild von Radikalität ist dominiert von Aufstandsfantasien und Antifamackertum, Bilder des Street Fighting Man: weisse dünne, scheinbar voll-abelisierte dya cis hetero Dudes Anfang 20, die Stacheldraht durchtrennen oder Mollis werfen.  Eine neoliberal verkaufbare, rockstarhafte Vorstellung des charismatischen "begehrte Typs".

Natürlich braucht es weiterhin kathartische Befreiungsschläge gerichteter Wut, genau so, wie es Gewaltfreiheit, langfristige Organisation, Kunst braucht, um die strukturelle Gewalt zu beenden.

Das heisst, Radikalität als einschließendes Gefühl sollte auf einem Narrativ aufbauen, das eins sich teilt. Auf einem Verständnis dessen, was "wir" eigentlich wollen und wollen können. Wie "wir" enstehen kann.

Radikalität liesse sich in dem Sinne als die konkreten Momente im Widerstand benennen, in dem der Gewalt direkt begegnet wird; also nicht nur in der Strassenschlacht, sondern auch in der Struktur der eigenen Beziehungsmuster, in der Kraft, Nein zu sagen und der Lust, Ja zu sagen, in dem Moment, in dem ich anfange Entscheidungen zu treffen, die vorgegebene Möglichkeiten umgehen und überschreiten. Im gemeinsamen Wachsen. 

Um diese Bezugspunkte herum werde ich für / mit dem Workshop eine Mechanik entwickeln, damit sich zu Hause / online spielen lässt.

Freund*innenschaft ist etwas vom Radikalsten, was es gibt.

sie ist das Gegenbild zu Heteronormativität, zu kapitalistischem Individualismus und Konkurrenzdenken

genauso wie das Gegenteil vom Bild des einsamen Wolfs, des Revoluzzers, des Aussenstehenden mit seiner weiss-hetero-patriarchalen Radikalität, des Helden, des Retters -

It's the 21st century and the Führer is dead

and so is the Rockstar

the Author

the Genius.

Und damit auch Der Revoluzzer.

 

Anarchistischer queer_feminismus ist mehr als praktisch gelebte Solidarität

und gegenseite Verantwortungsübernahme

ist mehr als das aufeinander aufpassen

um gefährlich sein zu können

ist mehr als Liebe

ist eben Freund*innenschaft:

eine Konzentration, eine Auseinandersetzung damit, wie wir uns zueinander in Beziehung setzen

wie wir durchs miteinander Umgehen und den Fokus auf das, was zwischen uns wächst

JEDE BEZIEHUNG EINE EIGENE GALAXIE

JEDES KLÜNGEL EIN UNIVERSUM

gemeinsam neue Strukturen aufbauen.

Freund*innenschaften ersetzen jegliche Institution.

Freund*innenschaften sind das, was Zeit und Raum verbindet.

Das dritte Element quasi.

 

Ich kann in Bern sein oder in Hamburg oder in Cincinnati

Ich kann dich jeden Tag sehen oder alle drei Jahre

du bist in meinem Herzen

und ich kämpfe immmer mit dir zusammen

an und für eine Welt, in der die befreite Freund*innenschaft

akzeptiert ist als wichtigster Massstab.

 

Miko Hucko, MA, ist wissenschaftliche*r Mitarbeitx des Forschungsprojekts “Polis – Spiel und Raum” der HAW Hamburg Game Design und HCU Hamburg Urban Design. Miko ist queer, nicht-binär, weiss, able-bodied, Anarchx, Kernmitglied der Spieleberatung und selbstorganisiert.

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